Antrag abgelehnt!
Zugegeben, es war ein sehr optimistisches Unterfangen, als wenige Tage nach Inkrafttreten der Brandenburgischen Wolfsverordnung von einem rissgeschädigten Landwirt der Abschuss von Wölfen beantragt wurde. Was kam, war dabei auch klar, es war die Ablehnung dieses Antrages, die auch gleich per Presseinformation verbreitet wurde.
Was war geschehen? Der betroffene Rinderhalter hatte im vergangenen Jahr zwei seiner Tiere durch Wolfsrisse verloren. Als Einzelfall ein trauriger Verlust, aber mit Blick auf die Nutztierschäden durch Wölfe insgesamt in Brandenburg fast eine Randerscheinung. Es gibt Betroffene mit deutlich höheren Verlusten, die auch schon zu Betriebsaufgaben geführt haben und teilweise aus Resignation nicht mehr gemeldet werden. Resignation, weil man nicht mehr bereit ist, sich mit teilweise hartleibigen und arroganten „Wolfsberatern“ herumzuärgern, um nach endlosem Papierkrieg entweder keine Entschädigung zu bekommen oder eine „Billigkeitsleistung“ die ihren Namen wirklich verdient, weil sie den tatsächlich entstandenen finanziellen Schaden nicht abdeckt. Der emotionale Schaden bleibt ohnehin.
Sicher konnte die zuständige Behörde bei einem ersten Einzelantrag politisch nicht anders als mit einer Ablehnung reagieren, aber spannend wird es bei den Begründungen:
Zuerst wird festgestellt, dass nach neuer Wolfsverordnung bei solchen Ereignissen ein „wolfssicherer Zaun“ vorhanden zu sein habe, damit es nach Rissen zu Ausnahmemaßnahmen gegen Wölfe kommen dürfe. Dazu finden sich mit Stand 11.03.18 auf der entsprechenden Seite des Landesamtes für Umwelt im Netz mehrere Dokumente keineswegs einheitlichen Inhalts, was der Vielfalt der Meinungen von Fachleuten zum Thema entspricht. Alleine dieser Zustand hilft keinem Weidetierhalter. Er bräuchte ein längeres Aktenstudium, um mit seinen Maßnahmen im Schadensfalle die Gnade des Wolfsberaters und des behördlichen Entscheiders zu finden.
Es folgt die isolierte Betrachtung des Geschehens beim Antragsteller. Hier wäre den verantwortlichen Fachleuten empfohlen, die im eigenen Hause vorhandenen Unterlagen über das Rissgeschehen im Territorium des Rudels Dobbrikow zu studieren. Diesem Rudel lassen sich aus den beiden letzten Jahren mindestens 35 Rissereignisse geografisch zuordnen, die sich ausnahmslos in den Listen des LfU wiederfinden. Diesen Rissen fielen 113 Tiere, 83 Schafe, 23 Kälber und 7 Stücke Gatterwild zum Opfer, tot, verletzt oder verschollen. Eine „Leistung“, die das Dobbrikower Rudel bundesweit auf den zweiten Platz der nutztierreißenden Wolfsvorkommen bringt. Nur übertroffen vom Wolfspaar in Wendisch-Evern bei Lüneburg mit 142 Tieren und noch größerem Appetit. Die Dunkelziffer nicht gemeldeter oder nicht anerkannter Wolfsrisse ist darin nicht enthalten.
Wer also darauf abstellen möchte, dass es sich hier ja nur um ganze zwei Risse handelt, wegen derer keine Ausnahmen in Frage kommen, betreibt als Verantwortlicher kein Wolfsmanagement, bestenfalls eine Verwaltung landesweit rapide steigender Schäden.
Pikant wird es dann, wenn ein solcher Antrag zusätzlich deshalb abgelehnt wird, weil zum Zeitpunkt der Risse im Vorjahr die Brandenburger Wolfsverordnung noch gar nicht in Kraft war. Soll dies so verstanden werden, dass die Beurteilung von Wolfsrissen an Weidetieren mit Inkrafttreten der Verordnung neu geschrieben wird und Ereignisse auch aus der jüngeren Vergangenheit für die Beurteilung des Geschehens nicht mehr herangezogen werden? Kann es sein, dass eine im Ursprung gut gemeinte Verordnung, der man in langen Verhandlungen bereits wesentliche Teile ihrer Anwendbarkeit genommen hat, jetzt noch zusätzlich ad absurdum geführt wird, dass man bildlich gesprochen, den problematischen Rudeln die Absolution für die Risse der Vergangenheit erteilt? Ein solches Vorgehen würde ein lösungsorientiertes und bei Bedarf aktives Wolfsmanagement bereits im Ansatz zur Makulatur machen.
Dabei darf nicht verborgen bleiben, dass seit dem 15.11.17 aus der brandenburgischen Rissliste für 2017 ganze 34 Fälle oder 23 % überwiegend aus der ersten Jahreshälfte verschwanden. Gut, dass es private Aufzeichnungen darüber gibt. So bedarf der neu in der Überschrift dieser Liste eingeführte Begriff der „Plausibilisierung“ durchaus der Erklärung. Bleibt diese aus, ist bestenfalls von Schönung der Statistik oder Vertuschung auszugehen. Die offizielle Rissliste eines Bundeslandes, welche nach nicht erkennbarer Entscheidungsgrundlage der Verantwortlichen variable Lücken aufweist, lässt jede Wertung des Betrachters zu.
Die jetzt ergangene Ablehnung des Einzelantrages auf Abschuss von Wölfen war rechtlich vielleicht korrekt, aber sicher politisch gewollt. Ihre Begründung lässt leicht erkennen, dass Brandenburg mit seiner neuen Wolfsverordnung und seinem Wolfsmanagement keinen Fortschritt gemacht hat. In einem Bundesland, aus dem sich seit 2016 über 250 Übergriffe auf Weidetiere belegen lassen, haben die davon betroffenen Tierhalter einen Anspruch auf einen ehrlichen und transparenten Umgang mit der Materie. Wer den Wolf in Brandenburg ehrlich will, muss mit einem aktiven Management dafür sorgen, dass die Menschen und vor allem die Weidetierhalter im Land auch mit ihm leben können.
Der Wille dazu ist bei den Verantwortlichen noch nicht erkennbar.